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Copella cf. nattereri (Copella meinkeni?)

Vorwort:

Adultes MännchenIm Oktober 1999 entdeckte ich bei einem Coburger Zoohändler in einem Schwarm importierter Roter Neons einige kleine Salmler, die ich der Familie Lebiasinidae, Unterfamilie Pyrrhulininae zuordnete. Eine genauere Bestimmung war aufgrund der geringen Größe (ca. 15 mm) im Laden nicht möglich.

Die Fischlein übten bereits am ersten Tag des Entdeckens einen unbeschreibaren Reiz auf mich aus, jedoch dauerte es noch zwei Wochen bis ich mich entschloss sie zu kaufen. Tina kam mir jedoch zuvor und schenkte mir die Tiere zum Geburtstag. Es waren acht Jungfische und ein Neon, der versehentlich mit in den Beutel gelang. Was will ich jedoch mit einem einzelnen Neon, dachte ich mir und beim anschließenden Zurückbringen des "Beifangs" sah ich nochmals zwei Tiere in dem Verkaufsbecken, die nun auch mit mussten.

Die Herkunft meiner Fische ist leider, wie bei fast allen Salmlerbeifängen die im Einzelhandel auftauchen, nicht herauszubekommen.

Woher der deutsche Trivialname "Blaupunktsalmler" stammt weiß ich nicht: Bei allen von mir bisher im Handel gesehenen Exemplaren waren keine blauen Punkte zu sehen.



Allgemeines:

Im Handel tauchen verschiedene Formen dieses Schlanksalmlers auf, die sich durch die Zeichnung als auch durch die Länge der Flossen unterscheiden. Es gibt Varianten mit ausgeprägten roten Punkten entlang der Seitenlinie, die überaus attraktiv wirken. Auch habe ich schon Tiere mit sehr viel Rotanteil in den Flossen gesehen.

Meine Form erreicht im Aquarium eine Gesamtlänge von ca. 55 mm. Die Rückenflosse ist unter Aquarienbeleuchtung nur bei Jungfischen bis zu einer Größe von 2 cm sowie selten bei ausgewachsenen Weibchen rötlich. Auffallend ist die lange Beflossung der männlichen Tiere.

Die Färbung schwankt zwischen beige-braun mit kräftigen braunen Längsband (zwei Punkte breit) bis hin zu einem hellen braun (ohne ersichtliches Längsband). Die Nachtfärbung ist ähnlich der Laichfärbung: Die Zeichnung ist vollständig verschwunden, die Fische fast weiß.

Meine Copella cf. nattereri erreichen ein Höchstalter von ca. zwei Jahren, was in meinen Augen das biologische Höchstalter darstellt. Die Tiere magern dann ab und fallen in sich zusammen (wie ein alter Mensch) oder bekommen Geschwüre unter der Haut. Die Geschwüre beginnen mit der Bildung von rötlichen Flecken und entwickeln sich innerhalb weniger Wochen zu flachen Beulen. Es kommt auch vor, dass die rötlichen Flecken aufplatzen (offene Wunde). Beide Symptome führen zum Tod.



Pflege:

Die Jungfische wurden damals in unser 200l-Wohnzimmeraquarium zu Characidium sp. "Westhäuser III" gesetzt. Leider verstarben bereits noch am ersten Tag zwei der ursprünglich zehn Tiere. Die restlichen Fische stellten sich als unproblematisch heraus und wuchsen sehr schnell heran. In einem normalen Zimmeraquarium kann man nicht von einem reinen Fisch der oberen Wasserzonen sprechen: Copella cf. nattereri hält sich in allen Wasserregionen auf.
Als Futter bieten sich Fruchtfliegen (egal ob es sich um die Große oder Kleine handelt) sowie Insektenlarven an, aber auch feines Futter (Cyclops, Mikro, Artemianauplien) werden nicht verschmäht.

Zu den Aquarien: Durch eine Vollentsalzungsanlage habe ich in den Becken durchweg weiches Wasser (1,5 - 3 °dGh); die Wassertemperatur beträgt ca. 26 °C. Ein regelmäßiger Wasserwechsel sollte selbstverständlich sein - die Fische danken es mit starkem Imponiergehabe der Männchen untereinander.

Das Imponierverhalten der Männchen beginnt mit Seitwärtsdrohen, wobei die Rücken-, Bauch- und Afterflosse gespannt sind. Nach kurzer Zeit "rammeln" sie mit gespreizten Flossen und aufgerissenen Klemmendeckeln parallel - teils seitlich aneinander gedrückt - quer durch das Aquarium. Hierbei wird die Rückenflosse in Richtung Schwanzflosse angelegt. Beim Beobachten dieser Geste wird wohl jedem ernsthaften Aquarianer klar, warum das Haltungsbecken nicht zu klein gewählt werden sollte (meiner Meinung nach mindestens 80 cm Kantenlänge).



Fortpflanzung:

Weibchen in LaichfärbungLaichstimmung zeigen die Männchen durch eine weiße Färbung an (wie Nachtfärbung); ein Revier wird zwischen den Schwimmpflanzen gegen sämtliche Mitbewohner verteidigt und die Weibchen werden stark getrieben, bis auch sie die Laichfärbung angenommen haben und mehr oder weniger freiwillig ein vorher vom Männchen ausgesuchtes Blatt anschwimmen. Hierbei kann es bei nicht laichbereiten Weibchen zu Verletzungen kommen (offene Wunden, die nach anfänglicher Verpilzung ohne Medikamentenzugabe innerhalb weniger Tage ausheilen). Die schlimmste zugefügte Verletzung durch ein treibendes Männchen war die einseitige Erblindung eines Weibchens.

Als bevorzugten Ablaichort haben sich bei meinen Tieren Blätter des Brasilianischen Wassernabels knapp unter der Wasseroberfläche herausgestellt. Die Blattoberseite ist dabei gerade so mit Wasser bedeckt.

Das Männchen legt sich auf das Blatt und zittert heftig. Folgt das Weibchen nicht nach wenigen Sekunden wird es vom Männchen wieder stark getrieben bis es ihm letztendlich folgt. Nach einigen Sekunden Ruhepause auf dem Blatt kippt sich das Männchen leicht auf die Seite, die Eier werden vom Weibchen abgegeben und das Blatt von beiden Tieren verlassen. Die wenigen nicht auf dem Blatt haftenden Eier werden aufgefressen. Sind mehrere laichbereite Weibchen vorhanden, konnte ich eine Art Warteschlange seitens der Weibchen beobachten: Sie stehen quasi abrufbereit wenige Zentimeter neben dem Laichplatz und warten auf ihren "Einsatz". Die größten Gelege (eines einzelnen Männchen mit mehreren Weibchen) bestanden aus gut 190 Eiern.

Die Larven schlüpfen bei 25 °C nach ca. 24 Stunden, nach weiteren fünf Tagen schwimmen sie frei und benötigen feinste Nahrung. Und hier begannen meine Probleme. Die von mir angebotenen Pantoffeltierchen schienen zu groß für die Jungfische zu sein und die Brut starb im Normalfall ca. 10-12 Tagen nach dem Schlupf, teils auch schon davor. Nur einmal ist mir die Aufzucht von drei Jungfischen in einem separatem Aufzuchtbecken und Fütterung mit JBL Nobofluid geglückt.
Einfacher gelingt die Vermehrung in einem eingefahrenen Aquarium, in denen die adulten Tiere auch ablaichen. Es kommen bei starkem Schwimmpflanzenwuchs immer einige Jungfische ohne spezielle Fütterung auf.

Nicht unerwähnt bleiben soll die hohe Aggressivität unter den Jungfischen. Bereits ab dem ersten Tag des Freischwimmens wird versucht gleichaltrige Artgenossen auf Distanz zu halten bzw. zu verscheuchen. Das geht soweit, dass sich die heranwachsende Brut bei Platzmangel rigoros die Rückenflosse weg beißt. Im „Daueransatz“ heißt das, dass nur Jungfische einer Größe zwischen der Schwimmpflanzendecke zu entdecken sind (obwohl mehrmals die Woche abgelaicht wird), bis diese Generation auch größere Futtertiere erbeutet und sich mehr im Freiwasser aufhält.

Ungünstig war auch die Geschlechterverteilung meiner Nachzuchten: Auf ca. zehn Männchen kamen meist nur ein bis zwei weibliche Tiere, was eine Abgabe an interessierte Aquarianer nicht gerade erleichtert.



Nachwort:

Seit ein paar Monaten laichen meine Copella cf. nattereri nicht mehr ab (Tiere des gleichen Stammes in zwei verschiedenen Becken). Der Laichakt wird, wie unter Fortpflanzung beschrieben, durchgeführt, aber kein einziges Ei abgelegt. Einen Grund kann ich bisher nicht erkennen.


Nachtrag zum Artnamen (August 2009):

Bei den Fischen könnte es sich um die Art Copella meinkeni, Zarske & Gery (2006) handeln. Leider habe ich keine Fische dieser Art mehr, um die genaue Art zu bestimmen.


Literaturnachweis:

  • Literaturrecherche von Rainer Massmann: www.salmlernetz.de
  • Dr. Gery, Jacques(1977): Characoids of the world. T.F.H. Publications, INC.

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