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Pyrrhulina spilota (Weitzman, 1960)

Pyrrhulina spilota - adultes MännchenBei Pyrrhulina spilota handelt es sich um einen relativ großen, im männlichen Geschlecht brutpflegenden Schlanksalmler (Familie Lebiasinidae, Unterfamilie Pyrrhulininae). Als natürliches Verbreitungsgebiet wird in NEODAT (Database of Fish Biodiversity in the Neotropics) Bolivien und Peru genannt.

Meine Männchen erreichten Totallängen von bis zu 105 mm. Damit überschreitet diese Art die in der mir zugänglichen Literatur angegebenen Totallängen beträchtlich.

Die Geschlechter lassen sich bei geschlechtsreifen Tieren an der Form der Bauchflossen unterscheiden: Männchen haben kantige, fast rechteckige Bauchflossen, Weibchen dagegen rundliche, ovale Bauchflossen. Weitere Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind die Körpergröße und die Färbung. Männchen werden insgesamt größer und kräftiger und auch nur bei ihnen sind die Schwanzflossenlappen weiß bis hellblau eingefasst. (Die Fotos zum Text zeigen ausschließlich männliche Tiere)

Jungfische haben neben der schmalen, schwarzen Längsbinde, welche vom Mund bis hinter den Kiemendeckel reicht, auf den Flanken drei schwarze Flecken. Mit zunehmendem Alter verschwinden diese Flecken fast vollständig und werden nur noch bei starker Erregung (z. B. durch Anwesenheit eines neuen Artgenossen) gezeigt.


Pflege und Beobachtungen im Aquarium

Mitte April 2003 bekam ich sechs Jungtiere von Wildfangnachzuchten aus Peru. Mich interessierte besonders die Fortpflanzung, das innerartliche Verhalten in einem großen Aquarium sowie die Endgröße.

Gepflegt habe ich die sechs Jungfische in meinem Wohnzimmeraquarium (160x60x60 cm; Temperatur um 25 °C; Leitfähigkeit ca. 150 µS/cm). Vergesellschaftet wurden sie erst mit einer Gruppe Nannostomus trifasciatus, später mit Brillantsalmlern. Meine Pyrrhulina spilota wuchsen bei regelmäßiger Fütterung mit Lebendfutter zügig heran und erreichten bald die Geschlechtsreife. Alle sechs Tiere entpuppten sich dabei als Männchen.

Gefüttert wurden sie vorrangig mit Tümpel- und Frostfutter sowie Drosophila. Mit zunehmender Größe (Anfang Juni hatten sie Totallängen von 35-45 mm erreicht) wurden auch Stubenfliegen sowie kleine Grashüpfer gierig gefressen. Größere Insekten schnappen sie und würgen diese nach Möglichkeit in einem Rutsch, mit Hilfe von "schlägelnden" Körperbewegungen, herunter. Jungfische fressen sich bei der Fütterung regelrecht eckige Bäuche an, was den Fischen jedoch augenscheinlich nicht schadet. Mit zunehmender Körpergröße lässt der Appetit jedoch spürbar nach. Auch in der Wachstumsphase konnte ich nicht beobachten, dass sich meine P. spilota an reichlich vorhandenen jungen Brillantsalmlern vergriffen hätten.

Pyrrhulina spilota - Maennchen Als "Halbstarke" lebten meine Pyrrhulina spilota in einer - für den Betrachter - lockeren Rangordnung. Wurde diese eingehalten, gab es keine Aggressionen untereinander. Lediglich nach dem wöchentlichen Wasserwechsel wurde die Rangfolge durch seitliches Drohen und Imponieren neu ausgefochten. Bei allen Tieren waren hierbei die Bauchflossen sowie die Afterflosse kräftig rot gefärbt.

Einige Wochen nach Eintreten der Geschlechtsreife entwickelte sich aus der lockeren Hierarchie ein dominantes Alpha-Tier sowie ein Beta-Tier, welche die anderen Männchen immer stärker unterdrückten.

Grafik2 Anfänglich war die Rangordnung am Fressverhalten zu beobachten: Das Alpha-Tier ging zu erst ans Futter, während die schwächeren Männchen etwas zögerten. Nach wenigen Wochen begannen die unterdrückten Tiere erst temporär, später ständig zu "hängen" (siehe rechtes Foto). Nach einem Wasserwechsel fanden zwar anfangs noch regelmäßig Versuche statt die Rangfolge zu ändern, mit der Zeit ließen diese Versuche der unterdrückten Artgenossen aber nach bzw. verschwanden völlig. Die schwächsten Tiere kippten zeitweise komplett nach hinten (Drehung um >90 °). Ich vermute, dass es sich hierbei um eine Unterwerfungsgeste handelt, da rangniedrigere Artgenossen in dieser Haltung vom Alpha-Männchen ignoriert wurden - im Gegensatz zu normal schwimmenden. Keines der Tiere zeigte zu diesem Zeitpunkt mehr die extrem starke Rotfärbung der Flossen.

Die unterdrückten Tiere zeigten im Laufe der Zeit nicht nur diese abnormale Körperhaltung, sie lagen auch zeitweise auf der Seite, mit dem Rücken auf dem Boden oder hingen regungslos in den Pflanzen. Sie versuchten jedoch nicht, sich vor dem Alpha-Männchen zu verstecken - die "Demutshaltung" fand immer mitten im Sichtbereich des ranghöchsten Fisches statt.

Auffällig war während der gesamten Pflegedauer, dass ich keine direkten Angriffe auf die unterdrückten Männchen beobachten konnte, nachdem die Rangordnung feststand. Ich würde die Unterdrückung - vermenschlicht ausgedrückt - als ständiges Mobbing bezeichnen.

Ich hätte eigentlich erwartet, dass bei der gegebenen Beckengröße sich zwei Männchen auf Dauer das Becken teilen. Dem war jedoch nicht so: Das Alpha-Tier drückte immer mehr gezielt das Beta-Männchen. Anfang April 2005 nahm ich das Beta-Männchen schließlich aus dem Aquarium um es zu erlösen. Es nahm zu diesem Zeitpunkt seit mehreren Tagen keine Nahrung mehr auf, lag regungslos am Bodengrund und war zuletzt am ganzen Körper zerbissen (das waren die einzigen direkten Verletzungen die zugefügt wurden).

Nicht nur an der Körperhaltung, sondern auch an der Körpergröße war die Rangfolge zu erkennen: Das letzte Tier in der Rangfolge starb Anfang Juni 2005 mit einer Totallänge von 70 mm (Standardlänge 62 mm), das vorletzte Tier in der Hierarchie Mitte Juli mit einer Totallänge von 81 mm (69 mm SL). Das Alpha-Tier wuchs auf stattliche 105 mm Totallänge (90 mm SL) und das Beta-Tier auf 95 mm Totallänge (85 mm SL) heran.


Fortpflanzung

Obwohl ich im November 2003 nochmals drei Jungtiere bekam, die sich als ein Männchen und zwei Weibchen herausstellten, kann ich leider nicht von einer erfolgreichen Nachzucht berichten. Die drei Fische kamen in ein stark verkrautetes Aquarium mit den Maßen 80x40x50 cm. Als Beifische war nur ein Trupp Nannostomus marginatus vorhanden. Das torfgefilterte Wasser hatte eine Leitfähigkeit von ca. 100 S/cm und eine Temperatur ca. 24-25 °C.

Das Männchen trieb regelmäßig sehr stark, jedoch kam es nur einmal zu einem erfolgreichen Ablaichen. Am 14. Januar 2004 war es so weit: Wenige Stunden vor dem Abschalten der Beleuchtung laichten beide Weibchen nach starkem Treiben seitens des Männchens ab. Als Laichsubstrat wählte das Männchen ein großes, fast waagrecht liegendes Javafarnblatt wenige Zentimeter unterhalb der Wasseroberfläche aus. Männchen wie Weibchen nahmen bereits während des Treibens eine weiße bis leicht rosafarbene Körperfärbung an. Beim Laichvorgang legte sich das Paar auf das Javafarnblatt. Das Männchen drückte sich fest an das Weibchen, nahm mit der Afterflosse die Laichkörner auf und verfrachtete die schlecht haftenden Laichkörner auf das Javafarnblatt. Pro Laichabgabe wurden grob geschätzt zwischen fünf und zwanzig Eier abgegeben. Herabfallender Laich wurde von den Elterntieren sofort verzehrt.

Leider war am nächsten Tag das Gelege verschwunden und ich konnte kein erneutes Ablaichen beobachten.

Im Gegensatz zu den unterdrückten Männchen im großen Becken versuchten sich die beiden Weibchen stets vor dem dominanten Männchen zu verstecken. Sie waren insgesamt sehr schreckhaft und wagten sich nur zur Fütterung aus der Deckung. Die Schwimmhaltung war bei beiden Weibchen normal, bis eines vom Männchen "misshandelt" wurde. Anschließend nahm das verprügelte Weibchen, wie bereits von unterdrückten Männchen bekannt, die schräge Schwimmhaltung ein. Leider verstarb es wenige Tage später.


Mein Fazit

Bei Pyrrhulina spilota handelt es sich um einen attraktiven und interessanten Schlanksalmler, der mit artfremden Fischen ohne Probleme vergesellschaftet werden kann. Was bleibt, ist ein fader Beigeschmack: Welche Beckengrößen sind wohl nötig, um eine Gruppe dieser imposanten Fische wirklich auf Dauer zu pflegen, wenn bereits ein dominantes Männchen ein Becken mit ca. einem Quadratmeter Grundfläche als Revier beansprucht?


Nachtrag zum erreichten Alter

Ende Oktober 2006 verstarb mein letztes der ursprünglich sieben Männchen ohne erkennbare Krankheitsanzeichen. Ich vermute daher, dass das natürliche Höchstalter dieser Art bei etwas über drei Jahren liegt.


Literaturnachweis:

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